Rechtsfragen zum Corona-Virus in Österreich: Fristenmoratorium bis 30. April bedingt durch Covid-19
Neben der Unterbrechung und Hemmung von Fristen, bedingt der derzeitige Ausnahmezustand – behördliche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie – unter anderem Einschränkungen im Parteienverkehr an Gerichten und Behörden. Die Abberaumung nicht zwingend notwendiger Verhandlungen ist eine weitere Folge der Notwendigkeit, soziale Kontakte auf das Notwendigste zu beschränken.
Seit 22. März 2020 ist das COVID-19-Justizbegleitgesetz in Kraft, als rechtlicher Rahmen für die Notmaßnahmen im Bereich von Verfahren vor den Zivilgerichten.
Als Folge der Notmaßnahmen ist der Kanzleialltag vieler Rechtsanwaltskanzleien erheblich eingeschränkt. Dem wird vor allem dadurch Rechnung getragen, dass alle verfahrensrechtlichen Fristen (gesetzliche und richterliche Fristen in bürgerlichen Rechtssachen), deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fällt, sowie verfahrensrechtliche Fristen, die bis zum 22. März 2020 noch nicht abgelaufen waren, bis zum 30. April 2020 unterbrochen werden. Sie beginnen dementsprechend mit 1. Mai 2020 neu zu laufen.
Von dieser gesetzlichen Regelung nicht erfasst sind Leistungsfristen (zB die in einem Urteilsspruch genannte Zahlungsfrist). Darüber hinaus ist in Verfahren, in denen über die Rechtmäßigkeit einer aufrechten Freiheitsentziehung oder -beschränkung zu entscheiden ist, keine Firstunterbrechungen vorgesehen.
Überwiegt das Einzelinteresse gegenüber dem Allgemeininteresse an der Eindämmung des Virus, kann das Gericht in bestimmten Fällen (Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens), unter Festsetzung einer neuen, angemessenen Frist, eine Frist für nicht unterbrochen erklären. Gegen derartige Beschlüsse sind Rechtsmittel unzulässig.
Hinsichtlich Verjährungsfristen und Fristen für die Anrufung des Gerichtes gilt eine Fristhemmung vom 22. März 2020 bis 30. April 2020. Dies bedeutet, dass die Frist während dieses Zeitraums (Hemmungsgrund) zum Stillstand kommt und nach Wegfall dieses Hemmungsgrundes, verlängert um den Zeitraum des Hemmungsgrundes, weiterläuft. Betroffen sind davon etwa Besitzstörungsklagen, Kündigungs- oder Entlassungsanfechtungsklagen ebenso wie die Frist zur Anrufung des Gerichts in einer Mietrechtssache nach Vorliegen der Entscheidung der Schlichtungsstelle.
Über den Zeitraum genereller Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 hinweg, finden – im Sinne der Vermeidung enger persönlicher Kontakte – mündliche Verhandlungen, Anhörungen, Protokollierungen mündlicher Vorbringen sowie die Durchführung von Vollzugsaufträgen nur in den zuvor genannten Ausnahmefällen statt (Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit, Freiheit u.a.). Für den Fall unaufschiebbarer, dringend erforderlicher Anhörungen einer Partei oder mündlicher Verhandlungen sollen geeignete technische Kommunikationsmittel (insbes. Videokonferenz) Abhilfe schaffen.
Kommt es aufgrund von COVID-19 zu einer gänzlichen Einstellung der Tätigkeit eines Gerichts und liegt eine der oben genannten Ausnahmen vor, so ist diese Einstellung der Tätigkeit eines Gerichts durch das Bundesministerium für Justiz auf dessen Website (justiz.gv.at) bekanntzumachen. Liegt ein Ausnahmetatbestand tatsächlich vor und ist daher das Tätigwerden eines Gerichts erforderlich, erklärt das übergeordnete Oberlandesgericht bzw., im Falle der Einstellung dessen Tätigkeit, der Oberste Gerichtshof, auf Antrag einer Partei, ein anderes Gericht für zuständig.
Sollte die derzeitige Ausnahmesituation andauern, ist das Bundesministerium für Justiz ermächtigt, die im Gesetz bis 30. April 2020 vorgesehene Unterbrechung bzw. Hemmung von Fristen durch Verordnung zu verlängern und ggf. weitere Ausnahmen zu bestimmen.
Abschließend sind zwei Sonderregelungen im Bereich des Insolvenz- bzw. Exekutionsverfahrens beachtenswert:
Tritt Zahlungsunfähigkeit aufgrund der COVID-19 Pandemie ein, verlängert sich die Frist für die Stellung eines Insolvenzantrages auf 120 Tage ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (anstatt den gesetzlich vorgesehenen 60 Tagen).
Unter der Voraussetzung, dass die verpflichtete Partei in einem Exekutionsverfahren wegen der Pandemie in eine existenzbedrohliche wirtschaftliche Situation geraten ist und dies zur Einleitung der Exekution geführt hat, kann die Aufschiebung der Exekution beantragt werden.
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Unsere Artikelserie zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus soll allgemeine Informationen zu drängenden rechtlichen Fragen liefern und ist keinesfalls als Rechtsberatung für einen bestimmten Fall zu verstehen. Für eine auf Ihr Anliegen oder Ihr Unternehmen zugeschnittene Rechtsberatung kontaktieren Sie uns bitte unter: .
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